Rechtsanwalt Volker Hackenberg

 

 

:

 

tscheidung aus dem Jahre 2020

Entscheidungen aus dem Jahre 2020 

Am 13.2.2020 hat der BGH - IX ZB 39/19 eine wichtige Entscheidung zu den Fällen gefällt, wo der Hauptanteil der Verbindlichkeiten aus einer unerlaubten Handlung stammten. Hier war es der Fall, dass erhebliche Steuerforderungen an den Schuldner herangetragen wurden. Der BGH vertrat hier die Auffassung, dass eine Verfahrenskostenstundung dann nicht gewährt werden kann, wenn der Hauptteil der Forderungen aus einer unerlaubten Handlung stammte und damit das Ziel der Restschuldbefreiung nicht erreicht werden kann.

Dieses bedeutet, dass für viele Schuldner der Zugang zu den Insolvenzverfahren nicht mehr eröffnet sind, wenn der überwiegende Anteil der Verbindlichkeiten aus unerlaubten Handlungen stammte.


Eine weitere Entscheidung des BGH vom 28.08.19 (XII ZB 119/19) beschäftigt sich mit der Problematik von angefallenen Gerichtskosten (auch Rechtsanwaltskosten) der Staatskasse. Die Staatskasse ist nämlich dann Insolvenzgläubigerin, wenn die Kosten vor der Insolvenz bereits entstanden sind. In diesem Fall hat die Staatskasse die Kosten im Rahmen des Insolvenzverfahrens zur Anmeldung zu bringen. Eine Privilegierung tritt hier nicht ein.

 

Eine weitere Entscheidung des OLG Köln - Beschluss vom 19.02.2020 - beschäftigt sich mit der Kündigung einer privaten Krankenversicherung bei ehemals selbstständigen Personen. Hier kommt das OLG zu dem Ergebnis, dass die Krankenversicherung nicht automatisch mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens endet, sondern weiter besteht. Dieses führt dann teilweise dazu, dass der ehemals selbstständig Tätige wieder neue Verbindlichkeiten aufbaut, von denen er sich nicht lösen kann und die auch nicht an dem Insolvenzverfahren teilnehmen.


Zwischenzeitlich hat sich der BGH auch dazu geäußert ob eine Verfahrenskostenstundung zu gewähren ist, wenn ein größere Teil der Verbindlichkeiten aus einer unerlaubten Handlung stammte. Die Verfahrenskostenstundung ist  dann nicht zu gewähren, wenn ein größerer Teil der Verbindlichkeiten aus unerlaubten Handlungen stammten und diese Verbindlichkeiten auch nach dem Abschluss des Verfahrens nicht bedient werden können (im konkreten Fall ging es um Steuerverbindlichkeiten von ca. 1.000.000 €).


Entscheidungen aus dem Jahre 2021

m Jahre 2021 ist durch das LG Potsdam, Beschluß v. 22.2.2021 eine wichtige Entscheidung zu den Vollstreckungsverboten gefällt worden. 

Immer wieder kann man feststellen, dass die Schuldner eine Vielzahl von Bussgeldern angesammelt haben, die sie jedoch dann nicht abtragen. Es droht dann die Vollstreckung. Hier stellt sich dann die Frage, wie mit diesen Vollstreckungen umgegangen werden muss, wenn die Fälligkeit bereits vor der Insolvenz eingetreten ist.

Hier führt das LG Potsdam aus:

die insolvenzrechtlichen Vollstreckungsverbote gem. § 89 InsO und § 294 InsO erfassen auch Bußgelder, die vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens fällig geworden sind. Dies steht auch der Anordnung von Erzwingungshaft zur Durchsetzung solcher Bußgelder entgegen. Hingegen können Bußgeldforderungen, die nach der Eröffnung fällig geworden sind, vollstreckt werden.

Es ruht aber die Verjährung.


Der BGH - Beschluss vom 22.7.2021 - hat nunmehr entschieden, dass es nicht möglich ist, einen weiteren Restschuldbefreiungsantrag wirksam zu stellen, wenn bereits ein Insolvenzverfahren eröffnet ist mit einem Antrag auf Restschuldbefreiung. Daher kann bei einer freigegebenen selbstständigen Tätigkeit der Schuldner keinen weiteren Antrag auf Restschuldbefreiung stellen. (ZVI 388/2021).

Eine weitere Entscheidung steht bei dem BGH an im Hinblick auf die Klärung der Frage, ob die SCHUFA verpflichtet ist die Löschung von Eintragungen vorzunehmen, wenn dem Schuldner die Restschuldbefreiung erteilt wurde, auch für Forderungen, die von dem Insolvenzverfahren erfaßt sind. Es wird diesbezüglich teilweise die Auffassung vertreten, dass spätestens nach dem Ablauf von 6. Monaten nach Erteilung der Restschuldbefreiung die Löschung vorzunehmen ist. (ZVI 412/2021).

Es muss an dieser Stelle jedoch darauf hingewiesen werden, dass auch eine Vielzahl von Entscheidungen existent sind, die hier eindeutig aussprechen, dass die Löschung der SCHUFA Daten nicht mit den behördlichen Löschungsfristen in einen Einklang gebracht werden dürfen. Hier verweise ich auf einen Aufsatz von Prof. Dr. Thüsing in der NZI 2021, 951 ff. Dort sind auch weiterführende Hinweise vorhanden.

Zwischenzeitlich hat sich das OLG Schleswig (NZI 2022,714) wieder mit der Löschung von SCHUFA - Daten beschäftigt und hat in dieser Entscheidung noch einmal bestätigt, dass es nicht rechtmäßig ist, wenn die Daten länger als 6 Monate nach der Beendigung des Insolvenzverfahrens gespeichert werden. 

Gegen die Entscheidung des OLG Schleswig hat sich das OLG Stuttgart ausgesprochen mit einer sehr ausführlichen Begründung. (OLG Stuttgart, Urteil v. 10.8.2022, veröffentlicht in ZVI 10/2022). Es ist auch darauf hinzuweisen, dass zwischenzeitlich auch das OLG Hamburg sich für die Datenspeicherung bei der SCHUFA ausgesprochen hat (OLG Hamburg, Urt. v. 6.10.2022)

Darüber hinaus soll auch eine Entscheidung des EuGH ausstehen zu der Datenspeicherung. Die Entscheidung des EuGH steht noch aus, jedoch gibt es eine Empfehlung, dass die Daten nach Beendigung der Insolvenz mit der Erteilung der Restschuldbefreiung nach 6 Monaten gelöscht werden soll. Die SCHUFA hat zwischenzeitlich reagiert und löscht unabhängig von einer Entscheidung des EuGH die Daten nach 6 Monaten automatisch. 

Ob tatsächlich die Datenlöschung automatisch erfolgt, bleibt abzuwarten.

Erwähnenswert ist auch eine Entscheidung des LG Berlin (Beschluss vom 11.11.2021 - 84 T 99/21). Dort heißt es:

Für die Aufhebung der Stundung nach § 4 c Nr. 1 Hs. 2 InsO genügt es nicht, wenn der Schuldner durch die Nichterteilung einer Auskunft nur seine allgemeinen Mitwirkungspflichten verletzt.

Eine weitere Entscheidung des LSG Thüringen ist auch noch erwähnenswert im Hinblick auf die Verrechnung von Beitragsansprüchen nach der Erteilung der Restschuldbefreiung.

Das Gericht stellt hier ausführlich da, dass eine erfasste Forderung sich nach nach der Erteilung der Restschuldbefreiung in eine Naturalobligation wandelt, d.h. in eine unvollkommene Verbindlichkeit; eine Naturalobligation ist weiter erfüllbar und tauglicher Rechtsgrund, die Erfüllung behalten zu dürfen, kann aber rechtlich nicht durchgesetzt werden. Eine unvollkommene Verbindlichkeit begründet keine Verrechnungslage. (NZI 2021, 1069 ff.)


Neue Entscheidung zu der Anmeldung von Unterhaltsbeträgen als unerlaubte Handlungen

Das OLG Karlsruhe (Beschluss v. 4.1.2023 - 18 WF 181/22 (AG Freiburg) hat sich mit dem Problem der negativen Feststellungsklage des Schuldners im Bereich der Anmeldung von Forderungen aus Unterhaltsansprüchen beschäftigt.

Hier kommt das Gericht verkürzt gesagt zu dem Ergebnis, dass die unerlaubte Handlung im Bereich des Unterhaltsrechts dann ganz genau geprüft werden muss, wenn die ursprüngliche Feststellung in einem vereinfachten Verfahren getroffen wurde. Das Gericht hat sich dann genau mit der Leistungsfähigkeit des Schuldners in den einzelnen Monaten beschäftigt und hat dann dazu detaillierte Ausführungen vorgenommen. (veröffentlicht in ZVI 2023 Seite 155 ff.)


Darüber hinaus hat der BGH (Beschluss v. 18.1.2023 - VII ZB 35/20) sich beschäftigt mit der Berücksichtigung von Unterhaltsansprüchen bei der Pfändung eines Dritten. Ursprünglich hatte der BGH darauf abgestellt, dass es nicht auf die tatsächliche Zahlung des Schuldners im Bereich der Pfändung ankommt, sondern auf die gesetzlichen Unterhaltspflichten. Dieser Betrag sollte dann bei der Berechnung des pfändungsfreien Betrages berücksichtigt werden.

Von dieser Auffassung ist der BGH nunmehr abgerückt und berücksichtigt nur noch den Betrag, der tatsächlich gezahlt wird.(ZVI 2023 S.180 ff.)

Ich gehe davon aus, dass diese Entscheidung erhebliche Auswirkungen auf die Erstellung von P-Kontobescheinigungen haben wird. Hier besteht dann für die Aussteller ein ganz erhebliches Haftungsproblem.


Eine weitere Entscheidung des AG Bremen ist ergangen zur Berücksichtigung von Unterhaltsberechtigten mit eigenen Einkünften bei der Lohnpfändung. Diese Entscheidung kann auch übertragen werden auf die Erstellung von P-Konto Bescheinigungen.

Die Entscheidung lautet:

Ein Angehöriger, dem der Schuldner zum Unterhalt verpflichtet ist und Naturalunterhalt gewährt, bleibt bei der Berechnung des unpfändbaren Einkommens in der Regel unberücksichtigt, wenn er eigene Einkünfte iHv. ca. 135 % des sozialrechtlichen Regelbedarfs in Bedarfsgemeinschaft lebender Personen bezieht , für volljährige Mitbewohner im Jahr 2024 erhält in Höhe von 670 €.(NZI 2024, 331)